Aachener Zeitung: "Wir erfinden uns teilweise neu" - Künstliche Intelligenz, Internet der Dinge: Wie sich Rhein-Nadel Aachen den Herausforderungen der Zukunft stellt
Künstliche Intelligenz, Internet der Dinge: Wie sich Rhein-Nadel Aachen den Herausforderungen der Zukunft stellt.
Aachen Eine grundsätzliche Verhaltensweise, die in die Zukunft gerichtet ist und die der Verwirklichung langfristiger Ziele dient: Das nennt man eine Strategie. Deshalb spricht Christopher Pavel, geschäftsführender Gesellschafter der Rhein-Nadel Automation GmbH (RNA),auch von einer strategischen Entscheidung, wenn er die Beweggründe für die Übernahme eines noch jungen Münchener Start-ups beschreibt. RNA, das traditionsreiche Unternehmen mit Sitz am Aachener Reichsweg, das seine Wurzeln in der Nadelindustrie hat und sich zu einem Weltmarktführer für Zuführtechnik in der Industrieautomatisierung entwickelt hat, wolle sich den"Herausforderungen der Zukunft offensiv stellen",sagt Pavel. Dazu gehört es, Bereiche wie Digitalisierung, künstliche Intelligenz (KI) und Internet der Dinge nicht nur im Blick zu behalten, sondern aktiv zu integrieren. "Wir tun das schon seit Jahren", sagt Pavel im Gespräch mit unserer Zeitung, doch die Übernahme der Hofmann & Stirner Zuführsysteme GmbH setzt da noch einmal ein besonderes Zeichen. Das Start-up,2016 von zwei Maschinenbauern gegründet, entwickelt und baut nicht nur Zuführsysteme (und war damit durchaus ein Konkurrent der RNA), sondern tut dies mit Hilfe von KIundhochpräziser Simulationstechnik. So ist es den Maschinenbauern aus München gelungen, komplette Systeme inklusive der Werkstücke der Kunden, die durch die Anlagen laufen sollen, am Computer zu simulieren–bevor die Anlagen gebaut werden."Es entsteht ein digitaler Zwilling des Systems", sagt Christopher Pavel. Der Kunde wird so sehr früh eingebunden und erfährt, wie das Zuführsystem aussehen wird und ob sein Werkstück überhaupt dafür geeignet ist. Und auch RNA als Hersteller des Systems erkennt frühzeitig eventuelle Schwachstellen. Umgekehrt steht RNA ein beträchtlicher Datensatz aus über 50.000 gebauten Zuführsystemen zur Verfügung, der beider Weiterentwicklung und dem Ausbau der von Hofmann & Stirner entworfenen KI sehr hilfreich sein wird.
Die Übernahme wurde zum Jahreswechsel vollzogen. Das Start-up wurde in die RNA Digital Solutions GmbH überführt, eine weitere Tochter der RNA-Mutter. Die KI-Entwickler bleiben in München, der Produktionsstandort von Hofmann & Stirner in Ingolstadt wird aufgelöst und in den RNA-Standort Aachen integriert. Die beiden Gründer des Start-ups behalten einen Minderheitsanteil. Unter dem Dach der neuen Digital Solutions GmbH wird Pavel das komplette digitale Know how seines Unternehmens bündeln. Dazu gehört auch eine Technik, die seit einem Zukauf Anfang 2019 zu RNA gehört. Damals übernahm das Aachener Unternehmen Teile der Nexolink Solutions GmbH, einem ehemaligen Start-up in Frankfurt, das– sehr laienhaft ausgedrückt ein Gerät zur Erfassung der Daten und Zustände von Maschinen entwickelt hat, die dann auf einer eigenen Plattform analysiert und visualisiert werden können. RNA nutzt diese Technik nicht nur für die eigene Fertigung, sondern wird sie auch selbst vermarkten. Auch das ist Bestandteil der strategischen Entscheidung, mit der RNA, hervorgegangen aus der altehrwürdigen, 1898 gegründeten Rheinischen Nadelfabrik AG und heute mit mehr als 400 Mitarbeitern an vier Fertigungsstätten vertreten, in die Zukunft geht. Christopher Pavel umschreibt es so:"Wir nutzen die einmalige Chance, uns teilweise neu zu erfinden."